Darstellung
Allegorische Szene. Der niederländische Maler Jan Philip Koelmann (1818-1893, Den Haag) war nach einem ersten Italienbesuch 1838/39 im Jahre 1844 erneut nach Rom aufgebrochen, um in der Schule des damals bekannten Kunstlehrers Cornelis Kruseman zu studieren. Dort angekommen wurde Koelmann, entgegen seiner Absicht, in die damals aufflammenden politischen Umwälzungsprozesse verstrickt. Das ging so weit, dass der junge Mann 1848 auf Seiten der revolutionären Einheiten unter Giuseppe Garibaldi für die Freiheit Italiens in den Straßenkampf zog. Überall im Land wurde damals die Idee von einem italienischen Nationalstaat propagiert. Auch die Kunstwelt blieb von diesem „Werbefeldzug“ nicht unbeeinflusst. In vielen zu dieser Zeit entstandenen Bildern finden sich allegorische Darstellungen und/oder Symbole, die in unmittelbaren Bezug zu den politischen Ereignissen stehen. Auch Koelmanns nicht datiertes Gemälde lässt sich in diesem geschichtlichen Kontext lesen. Im Mittelpunkt seiner Darstellung sitzt eine junge Frau in entspannter Haltung. Sie trägt eine für das 19. Jh. überlieferte Tracht. In der linken Hand hält sie einen gesenkten Hirtenstab, dessen oberes Ende mit einem kleinen Kreuz verziert ist. Liebevoll blickt die Frau auf das Weidenkörbchen zu ihrer Rechten. Das schwere Tuch ist leicht zur Seite gerutscht und gibt den Blick auf ein Neugeborenes frei. Das Kind ist in weiße Kleidung gehüllt und schläft ruhig Den Hintergrund der Darstellung füllt eine üppig gewachsene, uralte Edelkastanie. Ihre Blätter und Früchte werden noch leicht von dem Lichtkegel, der Mutter und Kind erstrahlen lässt, berührt. Am vorderen Rand des Bildes sind ein Pinienzweig und weitere Pflanzen auszumachen. Wie lassen sich diese hier kurz skizzierten Bilddetails interpretieren? Frau und Kind, die Jan Koelmann durch geschickte Lichtführung und Farbkomposition zu einem harmonischen Ganzen zusammengefügt hat, sind ein Sinnbild für die wachsende italienische Nation. Der in der Geburt ausgedrückte Wunsch nach einem Neuanfang spiegelt sich auch in der dargestellten Flora wider. Denn Pinie und Kastanie gelten seit der Antike als Symbol der Auferstehung. Dem gegenüber steht der gesenkte Hirtenstab. Er ist ein Zeichen für die niedergerungene Herrschaft des Pontifikates und den Bruch mit den überkommenen Traditionen. Auch wenn die revolutionäre Idee in Koelmanns Gemälde lebendig erscheint, ist das Bild wahrscheinlich erst in den 1850er Jahren nach Vorstudien entstanden. Es besticht durch die feinsinnige Bildsprache und die detaillierte Malweise, mit der der Künstler seine malerischen Fähigkeiten unter Beweis stellt. Am unteren Rand handschriftlich signiert „J. Philip Koelman fec“.
Beschriftung
Am unteren Rand handschriftlich signiert „J. Philip Koelman“.
Maße: Das Gemälde misst ca. 45 x 45 cm.
Zustand
Die feine Leinwand auf Holz aufgezogen. Der Farbauftrag ist altersbedingt gebräunt, leicht angeschmutzt und stellenwiese etwas fleckig. Die Oberfläche ist krakeliert und weist vereinzelt kleinere Farbabplatzungen auf. An Rand und Ecken stark bestoßen und berieben. Die Darstellung ist in einem guten Zustand.
Provenienz
Aus Berliner Privatbesitz.