Nur wenig ist über den in München tätig gewesenen Grafiker Otto A. Lehmann bekannt. Wir wissen, dass er im September 1917 neben Paul Klee, Konrad Felixmüller, Egon Schiele und Franz Sedlacek in der Galerie „Neue Kunst“ von Hans Goltz ausgestellt hat. Zudem findet sich im ‚Simplicissimus’ Heft 3 von 1914/15 eine Illustration mit dem Titel „Angst“, die deutlich zeigt, wie der Künstler Emotionen sicher zeichnerisch umsetzen konnte. Die enge Verwandtschaft zum Phantastischen und Visionären in den Arbeiten Alfred Kubins ist unübersehbar.
Vor diesem Hintergrund sind die von uns wiederentdeckten Zeichnungen und Radierungen eine kleine Sensation: sie sind eine Ergänzung zu der o.g. Darstellung und vermitteln ein eindrückliches Bild der Kunst Lehmanns. Mit kraftvollen, teils schroffen Linien schafft der Maler düstere, expressive Bildwelten, in denen seine oftmals allein agierenden Figuren verängstig und verloren wirken. Die persönlich empfundene Unsicherheit oder Bedrängung durch die (Außen-) Welt, die in den Arbeiten Lehmanns als diffuse Dunkelheit dargestellt ist, wird unmittelbar erfahrbar und legt ein eindrucksvolles Zeugnis der herrschenden Gefühlswelt am Vorabend des 1. Weltkrieges ab.