Bild des Monats Februar 2023

01.02.2023
Bild des Monats Februar 2023 -

Unbekannter Monogrammist R.Q.
Berliner Weihnachtsmarkt, 45 x 63 cm, Aquarell, 1850
(aus Berliner Privatbesitz)


Verehrte Damen und Herren,
liebe Freunde unseres Kunst- und Grafikhandels,

nachdem das Berliner Schloss wieder aufgebaut an Ort und Stelle steht und versucht, sich in der gewachsenen Topografie der Millionenmetropole im 21. Jahrhundert einzufinden, präsentiert unser 'Bild des Monats Februar' von der Hand des unbekannten Monogrammisten R.Q. mit dem „Berliner Weihnachtsmarkt“ auf dem Schlossplatz eine stimmungsvolle Ortsbeschreibung des ehemaligen Machtzentrums vor nunmehr 173 Jahren.

Das Aquarell zeigt eine imposante Gesamtansicht des alten Weihnachtsmarktes vor der königlichen Residenz. Über einhundert hell erleuchtete Buden laden an diesem kalten, verschneiten Wintertag Groß und Klein zum Flanieren ein. Die Anzahl der Gäste ist noch überschaubar, was an der frühen Tageszeit liegen mag. Männer und Frauen sowie zahlreiche Kinder mit lustigen Spielgeräten in den Händen schlendern über den Platz. Im Hintergrund sind die seinerzeit üblichen, liebevoll bereiteten Weihnachtsdekorationen und Miniaturlandschaften in den Schaufenstern der Ladengeschäfte zu erahnen. Über die Dächer ragt der schlanke Spitzturm der Nikolaikirche, die damals noch nur einen Turm besaß, und auf der 'Langen Brücke' (heute Rathausbrücke) ist das Reiterstandbild des Großen Kurfürsten von Andreas Schlüter (1659–1714), das dort seit 1703 stand, zu sehen. Jenseits bloßer Schilderung besitzt das detailliert ausgeführte Aquarell auch einen Spannungsmoment: soeben sprintet eine Quadriga durch das gewaltige Schlosstor, wobei die von ihr gezogene Kutsche noch nicht zu sehen ist. Wer mag wohl hier gerade zu einer Ausfahrt aufbrechen?

Der Berliner Christmarkt reichte bis weit in die Breite Straße hinein und war bereits um 1770 eine absolute Attraktion. Die sonst stockdusteren Straßen der Hauptstadt waren erfüllt vom Licht der unzähligen Lampen entlang der Verkaufsstände. Wie heute gab es neben verführerischen Leckereien wie Zucker- und Marzipangebäck auch Nützliches darunter Pelzwaren, Winterschuhe, Körbe und Küchengerätschaften zu erstehen. Drechslerarbeiten, Selbstgebasteltes und vieles mehr ergänzten das Weihnachtsangebot. Erst ab den 1840er Jahren, nachdem der Transport dank der ersten Eisenbahnen günstiger geworden war, konnten sich auch ärmere Familien echte Weihnachtsbäume leisten. So werden auf dem Bild im Vordergrund Tannenbäume aus dem Harz oder der Lausitz neben den zuvor geläufigeren (nachhaltigeren!) Weihnachtspyramiden, die aus Latten gezimmerten waren und bis zu einem Meter hoch sein konnten, zum Verkauf angeboten. Letztere wurden mit Tannenzweigen und farbigen Papierstreifen umwickelt und anschließend geschmückt.

Kennzeichnend für den uns leider unbekannten Künstler sind der lockere, fast skizzenhafte Pinselduktus und das Vorherrschen der grau-weißen Farbtöne. Nur die Lichter der Marktstände, das Gelb der Kutschen, die bunten Schaufenster und die Kleider der Flaneure sind mit zurückhaltenden Farbtupfern hervorgehoben. Auf diese Weise fängt der Maler die Stimmung jener kalten Tage einfühlsam ein.

Wir wünschen Ihnen alles Gute für die kommende Zeit und bleiben Sie uns gewogen.
Im Namen des Teams
Tobias Wachter
 

(Text: Christine Unsinn)


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